Heute wollte ich mir mit meinem iPhone online ein Deutschlandticket für die öffentlichen Verkehrsmittel kaufen. Die App leitet mich auf die MVG-Website weiter, dort finde ich den Button “Jetzt bestellen – Order here”. Nach dem Klick passiert….nichts. Ich muss die Seite erneut laden, um das Kundenportal zu erreichen, auf dem ich weitermachen kann. Ich gebe mein gewünschtes Abo an und wähle aus, wie ich das Ticket gerne zur Verfügung gestellt bekommen möchte. Hier schon der erste responsive Anzeigefehler. Nach gefühlt meterweitem Scrollen kann ich endlich auf “Weiter” klicken. Im nächsten Schritt wird darauf hingewiesen, dass ich einen Account benötige. Ich solle mich entweder anmelden oder einen Account erstellen. Wieder ist da ein “Weiter”-Button, darüber ein “MV-Login”-Button, daneben ein “Zurück”-Button. Ich klicke auf “Weiter” und bekomme gleich eine Fehlermeldung. Okay, erstmal zum Login und die Anmeldemaske öffnet, die ich als nicht sehbeeinträchtigte Leserin auch trotz der Textüberlagungen erkennen kann. Ich gebe meine Anmeldedaten ein, kann aber nicht auf “Anmelden” klicken. Der Anmeldebutton reagiert nicht. Hier endet meine Reise auf dem Smartphone. Ich steige auf das iPad um, mit dem es problemlos klappt. Wäre ich unterwegs und hätte dieses nicht dabei, stünde ich, 33 Jahre, Digital Native und Medienlinguistin mit zwei Master-Abschlüssen, vor einer unüberwindbaren digitalen Barriere.
Von der Notwendigkeit, das Internet für alle zugänglich zu machen
Wenn es mir schon so geht, wie geht es Menschen, die kognitiv, körperlich oder aufgrund von anderen fehlenden Voraussetzungen nicht ausreichend medienkompetent sind, um eine im 21. Jahrhundert fast schon alltägliche digitale Aufgabe zu bewältigen?
Und schon sind wir beim Stichwort digitale Barrierefreiheit. Neben den gesetzlichen Vorgaben steigt der praktische Bedarf an digitaler Barrierefreiheit zunehmend. Dazu trägt vor allem die fortschreitende Digitalisierung bei. Immer mehr Arbeitsplätze beinhalten das Arbeiten mit digitalen Medien – oder andersrum: Welcher Arbeitsplatz kommt heutzutage noch ohne sie aus? Aber auch andere Lebensbereiche wie der Freizeitsektor setzen z.B. mit Online-Buchungsportalen oder digitalen Ticketautomaten immer mehr Medienkompetenz voraus.
Schon der Erfinder des World Wide Webs, Tim Berners-Lee, wies im Rahmen der Gründung des International Program Office der Web Accessibility Initiative (WAI) im Jahr 1997 auf die Universalität des Internets hin. Der Zusammenschluss der WAI setzte sich zum Ziel, das Internet unabhängig von verschiedenen Fähigkeiten für alle zugänglich zu machen. Über 25 Jahre später ist dieses Thema noch lange nicht abgeschlossen, ja in vielen Bereichen noch gar nicht angekommen. Dabei ist der Internetzugang für alle Menschen alias digitale Barrierefreiheit heute wichtiger denn je.